Beispiele denkmalgeschützter Bauwerke mit Photovoltaik-Anlagen

Die Vereinbarung von Denkmalschutz und regenerativer Stromerzeugung an Gebäuden ist bereits in verschiedenen Projekten gelungen.

Beispiele von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden

Glaserhaus Gemeinde Affoltern im Emmental

Das 1765/66 erbaute und 1888 erneuerte sog. „Glaser- oder Doktor-Haus“ ist zum einen durch die regional bekannte Zimmermeister- und Glaserdynastie Heiniger und zum anderen durch den Tierarzt Eggimann von personenhistorischer Bedeutung.1 Der Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes erfolgte 2012 und entsprach etwa dem deutschen Passivhausstandard.2 Neben der Erneuerung der Haustechnik und dem Anbringen von Wärmedämmung wurden die alten Fenster durch Isolierverglasung ersetzt. Außerdem wurde das Bauwerk mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe, welche Wärme aus zwei in 180 m Tiefe befindlichen Erdsonden bezieht, ausgestattet.

Das Dach wurde, ohne das Erscheinungsbild des Objekts zu verändern, durch ein Solardach ersetzt.3 An Stellen mit zu geringem Ertrag (an der Nordseite des Krüppelwalmdachs) wurden Solarmodulattrappen installiert, um die einheitliche Optik zu gewährleisten. Pro Jahr wandelt die aus über 500 Modulen bestehende, 550 m² große und 89,4 kWp starke Anlage etwa 90.500 kWh Strom um.

Glaserhaus in Gemeinde Affoltern im Emmental Eggerdingen 7 (Schweiz)
(Quelle: Roland Zumbuehl 2023, CC BY-SA 4.0,
unverändert, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de)

Hauptgebäude Fabrik Dreistegen, Monschau, ehemalige Mühle und Filztuchfabrik Schlösser & Scheibler

Der mehrstöckige Bruchsteinbau wurde 1840 errichtet und 1856 wurde auf die Herstellung von Wollfilzhüten umgestellt.4 Die erfolgreiche Umstellung auf Kunst- und Reißwollfabrikation im Jahr 1863 führte 1877 zur Erweiterung des Komplexes. Zusätzliche Gebäude kamen im Kaiserreich und 1918 die Shedbauten hinzu. Nach erfolgter Instandsetzung und Wiederbelebung des Fabrikkomplexes im 21. Jahrhundert wurde eine Photovoltaik-Dachanlage angebracht, welche keine Beeinträchtigung der prägnanten Eigenschaften und damit auch keine Störung des Gesamtbildes verursachte.5

Dabei wurde auf die bündige Anbringung geachtet sowie die Farbe und das Raster der Module so gewählt, dass diese im Einklang mit der zeitgenössischen Architektur und der aus Bruchstein bestehenden original belassenen Umfassungswände stehen. Hervorzuheben ist, dass durch die Aufstockung der bestehenden historischen Bruchsteinwände die Photovoltaikanlage mit der Aufstockung in Einklang stand und keine direkte Verbindung zu der Grundsubstanz des Gebäudes aufweist.

Monschau-Dreistegen, ehem. Kunst- und Reißwollfabrik am Zusammenfluss von Perlbach und Rur, (Quelle: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Hans Brauer)

Altonaer Museum in Hamburg

Das um 1900 im „nordischen Renaissance“ Stil erbaute, 1901 eröffnete Altonaer Museum wurde 1914 erweitert, in den 1950er und 1960er nach der teilweisen Zerstörung des Haupthauses sowie nach einem Brand 1980 restauriert.6 Im Jahr 2023 wurde eine 215 m² große und 118 Module umfassende Photovoltaik-Anlage auf einem Teil des Daches installiert.7

Die Indachanlage auf dem unter Denkmalschutz stehenden Museum weist eine Gesamtleistung von 43,66 kWp auf und generiert etwa 40.000 kWh Strom pro Jahr. Die Photovoltaikanlage wurde auf der nach Süden ausgerichteten Dachfläche installiert, welche von keiner öffentlich zugänglichen Straße aus einsehbar ist. Nur von einer erhöhten Position aus ist die Anlage sichtbar, wodurch sich keine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Museums ergibt.

Altonaer Museum in Hamburg (Quelle: Sprinkenhof GmbH)

Teil des Anwesens Unterhammer in der Gemeinde Trippstadt im Landkreis Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz)

Neben der um 1727 errichtete „Eisenschmelze“ wurde 1821 das Herrenhaus des 1791 in den Adelsstand erhobenen Ludwig Gienanth gebaut.8 Zwei Jahre später kam das Wirtshaus, 1825 das Blechwalzwerk und 1827 das Schneidwerk hinzu. Etwa 10 Jahre später wurden die Anlagen bis 1865 stillgelegt, ehe diese ab 1870 als Beamtenerholungsheim, 1944 als Entbindungsheim und von 1945 bis 1960 als Sanatorium genutzt wurden.

1997 wurden das Wirtshaus und die Kohlenscheune zu einem Wellness-, Sport- und Gesundheitszentrum umgebaut.9 Ab 2007 wurde das Herrenhaus inkl. Stallungen renoviert. Die Stallungen des unter Denkmalschutz stehenden Ensembles wurden mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, welche farblich auf die rötlichen Dachziegel angepasste Module nutzt.

Teil des Anwesen Unterhammer Gemeinde Trippstadt im Landkreis Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) mit PV-Anlage ausgestattet (Quelle: Bernd Junge)

Denkmalgeschütztes Bauernhaus in der Stadt Gütersloh im Landkreis Westfalen (Nordrhein-Westfalen)

Aufgrund der großen Bedeutung für die Stadt wurde der 1730 errichtete Vierständer-Fachwerkbau im Jahr 1944 in die Liste der Denkmäler aufgenommen.10 Durch die Anbringung der Module im August/September 2023 an der hinteren Flanke des Gebäudes, wurde der ursprüngliche Charakter des Hauses fast vollständig beibehalten und die Effizienz der PV-Stromerzeugung nicht beeinträchtigt.

Die 33 Module haben eine Gesamtleistung von 14,335 kWp, der verwendete Wechselrichter eine Leistung von 10 kW und der genutzte Speicher eine Kapazität i. H. v. 10 kWh.11 Mithilfe der Anlage konnten innerhalb eines Jahres nach Errichtung der Anlage bis August/September 2024 etwas mehr als 60 % des Strombedarfs des Gebäudes gedeckt und weitere 5,3 MWh eingespeist werden.

Denkmalgeschütztes Bauernhaus in der Stadt Gütersloh im Landkreis Westfalen (Nordrhein-Westfalen) mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet (Foto: Stadt Gütersloh)

Praxisbeispiel: PV-Anlagen zur Erfüllung des Effizienzhaus-Standards „KfW 70“ beim MVZ

Das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Verwaltungsgebäude des Unternehmens Pfaff wird zu einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) umgebaut und als saniertes „KfW 70“-Gebäude einen Leuchtturm im Bereich denkmalgeschützter Gebäude darstellen.

Ein wichtiger Beitrag hierzu leistet das Zusammenspiel verschiedener Techniken der Energieversorgung, die im Folgenden aufgeführt werden. Das MVZ wird über den Vorlauf der Fernwärme der Stadtwerke Kaiserslautern mit gleitend bis etwas 120 °C warmen Wasser und einer Leistung von 900 kW versorgt. Die Niedertemperatur-Wärmeversorgung des restlichen Pfaff-Quartiers erfolgt aus dem Rücklauf des Fernwärmenetzes mit einer Temperatur von ca. 60 – 75 °C. Die Verteilung erfolgt über eine Energiezentrale, welche neben dem MVZ verortet ist. Zwei zur Kältebereitstellung des MVZ benötigte Kompressionskältemaschinen werden auf dem eingehausten Flachdach der Energiezentrale errichtet und die Abwärme der Geräte wird in das Niedertemperatur-Wärmenetz des Pfaff-Quartiers eingespeist.

In der folgenden Grafik ist die Pfaff-Achse mit der Verortung des MVZ, der Energiezentrale und des Parkhauses abgebildet.

Grafische Darstellung der Pfaff-Achse.
Bildquelle: © Triolog/EnStadt:Pfaff

Für die Ermittlung des Jahresprimärenergiebedarfs nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) darf der Strom aus erneuerbaren Energien, der im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang erzeugt wird, angerechnet werden. Für die Förderung des „KfW-Effizienzhaus 70“, das auf der Rechtsgrundlage der EnEV 2014 beantragt wurde, war das Parkhaus (siehe nachfolgende Abbildung), welches auf dem Nachbargrundstück (unmittelbare Nähe und gleiche Eigentümergemeinschaft wie MVZ) neu errichtet wurde, für die Nutzung des denkmalgeschützten MVZ unverzichtbar. Daher war für den Nachweis des Jahresprimärenergiebedarfs die Einberechnung der Stromerträge, des Daches und der Fassade des Parkhauses gestattet.

Die Stromversorgung der Mieter erfolgt über einen „MVZ-Tarif“, welcher sich aus der Eigenerzeugung über PV-Strom und dem Strombezug aus dem Stromnetz zusammensetzt.

Für die Spannungsstabilisierung des örtlichen Stromnetzes wurden zwei regelbare Ortsnetztransformatoren errichtet. Die sog. regelbaren Ortsnetztransformatoren (rONT) regeln die Spannungshaltung der fluktuierenden Stromerzeugung der PV-Anlagen und die schwankende Stromabnahme z. B. der E-Ladesäulen und sichern somit das MVZ-Stromnetz.

Im Zuge der Sanierung des MVZ wurde eine PV-Anlage auf dem Flachdach des MVZ angedacht, deren Umsetzung jedoch an den Vorgaben des Denkmalschutzes scheiterte. Nun soll das in Holzbauweise errichtete Parkhaus, welches an das MVZ angrenzt, mit einer 400 kWp PV-Dachanlage und einer PV-Fassade mit 50 – 80 kWp ausgestattet werden. Diese drei PV-Anlagen waren auch zur Nachweisführung des „KfW 70“-Niveaus wichtige erneuerbare Energiequellen. Die PV-Anlagen des Parkhauses auf dem Nachbargrundstück des MVZ können für die KfW-Nachweisführung herangezogen werden, da der erneuerbare Strom in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang erzeugt wird. Außerdem sind 10×22 kW Wechselstrom- sowie 3×50 kW Gleichstrom-Ladestationen vorgesehen.

Simulation der PV-Fassade des Parkhauses. (Simulation erstellt mit PV*SOL premium 2024)

Der erzeugte Strom (MVZ und Parkhaus-Anlage) wird voraussichtlich zu 90 % als Eigenstrom verwendet, was einem Viertel des Gesamtstrombedarfs im MVZ entspricht. Durch die hohe PV-Eigennutzung von 90 % wurde eine Hybrid-Großbatterie im Rahmen der Detailplanung des Energiekonzeptes als ökonomisch und energetisch nicht sinnvoll erachtet.

Die Mieter dieses Gewerbeobjektes werden über eine Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a oder b EnWG mit Strom versorgt, dürfen aber diskriminierungsfrei auch einen anderen Energielieferanten frei wählen. Der Vorteil für die Kunden ist eine günstigere Strombelieferung, da der Strom (ohne Netzdurchleitung und den zugehörigen Gebühren) günstiger bezogen werden kann. Smart-Meter ermöglichen, einen viertelstundengenauen Stromverbrauch der Mieter zu erfassen und können exakt zuordnen, ob der Strom aus der PV-Anlage kommt oder aus dem öffentlichen Netz bezogen wurde, was eine klare Abrechnung beider Stromlieferanten ermöglicht. Möglich wird dies zum einen durch den Verbund des MVZ mit dem Parkhaus und deren PV-Anlagen sowie den rONT.

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Denkmalleitfadens war die Sanierung des MVZ noch nicht vollständig abgeschlossen.

Praxisbeispiel: Regelbarer Ortsnetztransformator (rONT) beim MVZ

Die dezentrale Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaikanlagen, erfolgt hauptsächlich im Niederspannungsnetz. Diese Einspeisung führt zeitweise zu einer Umkehrung der Last und infolgedessen zu lokalen Spannungsanstiegen. Spannungsprobleme sind im Verteilnetz hauptsächlich für den Ausbau und die Verstärkung des Netzes verantwortlich.

Der Netzausbau in Deutschland folgt dem Prinzip „Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau“ (NOVA). Dabei spielt der regelbare Ortsnetztransformator (rONT) eine entscheidende Rolle. Er stellt in vielen Fällen eine wirtschaftliche Alternative zum konventionellen Netzausbau dar. Maßnahmen zur Netzverstärkung können dadurch vermieden, minimiert oder auch hinausgezögert werden.

Dieser zusätzliche Freiraum wird heute vor allem für den Anschluss von zusätzlichen Erzeugungsanlagen genutzt, aber auch, um zusätzliche Lasten zu bedienen, wie bspw. die Elektromobilität oder die Umstellung von gas- auf stromgeführte Techniken in Industriebetrieben.

Am MVZ regelt der Ortsnetztransformator vorwiegend die fluktuierende Einspeisung der Photovoltaikanlagen und die fluktuierenden Lasten der Elektroladesäulen, um das MVZ-Stromnetz innerhalb des vorgegebenen Spannungsbands zu halten.

  1. Vgl. Erziehungsdirektion des Kantons Bern Amt für Kultur Denkmalpflege (13.06.2013), Gemeinde Affoltern im Emmental, Bern, Abgerufen am 22.08.24 https://www.hiberatlas.com/smartedit/projects/234/Gesch%C3%BCtztes%20Objekt%20Bauinventar%20Denkmalschutz.pdf ↩︎
  2. Vgl. Yvonne Kavermann, Paula Eggert, Sulafa Isa, Maximilian Ludwig, Sarah Metwally-Sadowsky, Natalie Pawlik, Saskia Schabon, Sophie Marie Schmidt, Urte Schmidt, Saskia Tödter, (ohne Datum), Glaserhaus im Emmental, Abgerufen am 22.08.24 https://www.baunetzwissen.de/gebaeudetechnik/objekte/wohnen/glaserhaus-im-emmental-5242373 ↩︎
  3. Vgl. Yvonne Kavermann, Paula Eggert, Sulafa Isa, Maximilian Ludwig, Sarah Metwally-Sadowsky, Natalie Pawlik, Saskia Schabon, Sophie Marie Schmidt, Urte Schmidt, Saskia Tödter, (ohne Datum), Herausgeber: Baunetz_Wissen_, Glaserhaus im Emmental, Abgerufen am 22.08.24 https://www.baunetzwissen.de/gebaeudetechnik/objekte/wohnen/glaserhaus-im-emmental-5242373 ↩︎
  4. Vgl. Detlef Stender (ohne Datum), Industriemuseen Euregio Maas-Rhein (Herausgeber), Fabrikkomplex Dreisteegen bei Monschau, Abgerufen 23.08.2024 https://industriemuseen-emr.de/de_DE/fabrikkomplex-dreisteegen ↩︎
  5. Vgl. Landschaftsverband Rheinland (LVR), (ohne Datum), Bau- und Kunstdenkmalpflege Denkmalpflege und Solaranlagen, Abgerufen 23.08.2024 https://denkmalpflege.lvr.de/de/aufgaben/bau_und_kunstdenkmalpflege/themen/projekte_5.html ↩︎
  6. Vgl. Jan Lorenzen, Dr. Anna Symanczyk, Wera Wecker, Jenny Feldmann, Friederike Schockenhoff (ohne Datum), (Herausgeber: Stiftung Historische Museen Hamburg), Über das Museum, abgerufen am 23.08.24 https://www.shmh.de/altonaer-museum/ueber-das-museum/ ↩︎
  7. Vgl. hamburg.de GmbH & Co. KG (22. März 2023), Klimaschutz in der Denkmalpflege Praxishilfe zum Umgang mit erneuerbaren Energien vorgestellt
    , Abgerufen am 23.08.2024 https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-kultur-und-medien/aktuelles/pressemeldungen/praxishilfe-erneuerbare-energien-521952 ↩︎
  8. Vgl. Barbara Ritter, (ohne Datum), Unterhammer – ehemaliges Eisenhammerwerk im Karlstal bei Trippstadt,
     Abgerufen 29.08.2024 https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/unterhammer-ehemaliges-eisenhammerwerk-im-karlstal-bei-trippstadt ↩︎
  9. Vgl. Barbara Ritter, (ohne Datum), Unterhammer – ehemaliges Eisenhammerwerk im Karlstal bei Trippstadt,
     Abgerufen 29.08.2024 https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/unterhammer-ehemaliges-eisenhammerwerk-im-karlstal-bei-trippstadt ↩︎
  10. Vgl. Ulrich Paschke, 25.06.2024, Stadt Gütersloh (Hrsg.), Untere Denkmalbehörde der Stadt Gütersloh, Erstes denkmalgeschütztes Haus in Gütersloh mit Photovoltaik ausgestattet, Abgerufen am 04.09.2024 https://www.guetersloh.de/de/rathaus/presseportal/news/meldungen/pv-anlage-auf-denkmal.php ↩︎
  11. Vgl. Mirko Schuermann, Interview vom 04.09.2024 ↩︎

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